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Was wir machen, wer wir sind
In unserer Serie, in der wir in loser Reihenfolge die große Bandbreite der Tätigkeitsfelder von Physiotherapeuten und -therapeutinnen zeigen, stellen wir heute Frauke Mecher vor, Beiratssprecherin und Mitglied des Wissenschaftsrates PHYSIO- DEUTSCHLAND und Leitung der AG Vojta PHYSIO-DEUTSCHLAND und Mitglied der Fachkommission Physiotherapie in der Kinder- und Jugendmedizin von PHYSIO-DEUTSCHLAND.
Startschuss
Nach ihrer Ausbildung an der Schule für Krankengymnastik an der Universität Göttingen und dem Anerkennungsjahr an der Orthopädischen Klinik HEH in Braunschweig, startete Frauke Mecher im Kreiskrankenhaus Gifhorn mit dem Aufbau der Physiotherapie in der Kinderklinik. Mit Fortbildungen unter anderem zu Vojta, manueller Medizin bei Säuglingen und Kleinkindern, brachte sie das richtige Handwerkszeug mit. Ernst genommen wurde dieser Bereich der Physiotherapie in den 80er Jahren allerdings noch nicht so richtig. Schwer nachzuvollziehen, da die Patientinnen und Patienten im Alter von wenigen Tagen bis zum Jugendalter mit Diagnosen aus in allen klinischen Bereichen zu behandeln waren
Nett mit Kindern spielen
So wurde die Physiotherapie in der Pädiatrie mit einem Lächeln abgetan. Noch war das Bewusstsein nicht vorhanden, welchen Stellenwert Frühtherapie hat und wie groß die Verantwortung des medizinischen Personals, Eltern und Physios ist, bereits in den ersten Wochen und Monaten mit den Säuglingen zu arbeiten. Säuglinge, die in ihrer sensomotorischen Entwicklung beeinträchtigt oder von Behinderung bedroht sind, beispielweise durch Frühgeburt, sensomotorischen Bewegungsstörungen, neuropädiatrischen oder orthopädische Erkrankungen, brauchen so früh wie möglich Unterstützung.
Lebensbegleiterin
Manche Patientinnen und Patienten lernt Frauke Mecher kennen, wenn sie erst wenige Tage alt sind, bei Frühchen auch vor dem eigentlichen Geburtstermin und begleitet sie durch ihre Zeit der Kita, Schule bis hin zum Start in den Beruf. "Das ist für mich so faszinierend an meinem Job, da arbeite ich mit Babys und sie kommen immer noch zu mir, wenn sie selbst Vater werden. Für manche bin ich wie ein Familienmitglied. Man wächst im Laufe der Jahre zusammen und ich bekomme manchmal auch Jahre später noch über WhatsApp Bilder und Informationen, was aus den ehemaligen "Babys" geworden ist. Da fällt das Loslassen hin und wieder ganz schön schwer," erzählt Frauke Mecher.
Glückssache
Je nach dem, in welchem Land, in welchem Stadtteil oder in welchem Krankenhaus die Kinder geboren werden, haben sie bessere oder schlechtere Startchancen. Denn das erste Jahr ist entscheidend für eine erfolgreiche Arbeit. So wird immer wieder der Versuch unternommen die Vorsorgeuntersuchungen an das Kindergeld zu koppeln, um das Wohl der Kleinsten nicht dem Glück zu überlassen. Die Versorgungslage in Deutschland ist gut, auch wenn selbst in der Kinderphysiotherapie der Fachkräftemangel ein enormes Thema ist und Eltern schon 30-40 km fahren müssen, um einen Therapieplatz zu bekommen. Wenn allerdings Flüchtlingskinder aus aller Welt erst sehr spät in den Krankenhäusern und Kinderarztpraxen vorgestellt werden, ist es oft zu spät für einen aussichtsreiche Therapie.
Fingerspitzengefühl
"Manchmal lerne ich die kleinen Patientinnen und Patienten und deren Eltern kurz nach einer schweren Geburt kennen und beide sind traumatisiert. Da brauche ich viel Einfühlungsvermögen und viel Zeit, damit wir ein gutes Vertrauensverhältnis aufbauen", berichtet Frauke Mecher. "Elternarbeit ist ohnehin das A und O meines Berufs. Die Eltern sind durch das Internet oft schon vorinformiert, beratungswillig und ich bin darauf angewiesen, dass sie zuhause arbeiten, denn ich brauche sie als Co-Therapeuten. Ich merke sofort, wenn daheim nicht geübt wurde, aber da hilft kein Druck. Man geht gemeinsam durch Höhen und Tiefen, freut sich über jeden kleinen Erfolg und hat mit den Zwergen auch immer etwas zu lachen. Manchmal müssen auch einfach Ferien sein, wo mal zwei Wochen nichts gemacht wird. Schließlich sind wir alle Marathonläufer und keine Sprinter in diesem Bereich".
Wenn die Windel voll ist
Klagen viele Physios darüber, dass der knappe 20 Minuten Behandlungstakt den Patientinnen und Patienten nicht gerecht wird und auf Dauer auch die Behandelnden auslaugt, sind die Behandlungszeiten bei den Kinderphysiotherapeutinnen und -Therapeuten mit 30 – 45 Minuten (Voraussetzung Weiterbildung Bobath / Vojta) großzügiger bemessen. Denn immer wieder mal passiert es, dass die Windel voll ist oder das Kind sich übergibt. Es braucht seine Zeit, wenn einerseits mit den kleinen Patienten und Patientinnen gearbeitet wird, andererseits die Eltern geschult werden. Manchmal ist es wichtig, sich einfach nur Zeit zu nehmen und ein offenes Ohr zu haben für die Nöte der Eltern.
Das ideale Kind
Es gibt Grenzsteine, wann ein Kind, welche Fähigkeiten haben sollte, aber es gibt einen zeitlichen Spielraum von mehreren Wochen. Dennoch gibt es Diagnosen, die zu sofortigem Handeln zwingen. Wenn bei den kleinen Patientinnen und Patienten Defizite deutlich werden, versucht Frauke Mecher sich sensibel auf die Eltern einzustellen und bemüht sich, ihre Sichtweise vorsichtig zu lenken: "Sie hatten sich auf eine Villa am Meer gefreut, jetzt ist es ein kleines Häuschen geworden, schön ist es trotzdem".
Töpfchen mit Beleuchtung
Keine Förderung verpassen, alles richtig machen, jede Chance für das Kind nutzen – der Druck für junge Eltern ist enorm hoch, dabei ist es egal, ob das Kind gesund oder krank ist. Frauke Mecher ist der Ansicht, dass viele Geräte auf dem Markt sind, die den Kindern eher schaden als nützen wie Babyhopser, Wippe oder Lauflernhilfen und nur einem wirklich zugutekommen: dem Hersteller. Auch die Teilnahme an den vielen Angebote, sei es Pekip, Babyschwimmen, Frühenglisch oder Babymassage ist oft zu viel, sowohl für die Eltern als auch die Kinder. "Die Eltern müssen lernen wieder mehr auf ihren Bauch zu hören, sie sind die besten Eltern für dieses Kind und werden ihren gemeinsamen Lebensweg meistern. Das Gras wächst nicht schneller, auch wenn man daran zieht", lacht Frauke Mecher.
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