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02.12.2025 – Bundesverband

Physio Deutschland und europäische Verbände warnen vor Risiken des EU-Ausbildungsrahmens

Die EU-Kommission prüft einen gemeinsamen Ausbildungsrahmen für Physiotherapie. Physio Deutschland und über 40 internationale Organisationen warnen vor Risiken und fordern höhere Standards.

Die Europäische Kommission erwägt die Einführung eines sogenannten Common Training Framework (CTF) für Physiotherapie. Ziel ist ein einheitlicher Ausbildungsrahmen, der die Anerkennung von Berufsqualifikationen erleichtert. Doch die vorgeschlagene Umsetzung birgt erhebliche Risiken für die Qualität der Versorgung und die Patient*innensicherheit. Denn der aktuelle Projektbericht sieht vor, dass eine Teilnahme am gemeinsamen Ausbildungsrahmen künftig auch für Abschlüsse auf niedrigeren Qualifikationsniveaus (EQR 4) möglich sein könnte. Voraussetzung wäre eine mindestens 18-monatige Berufserfahrung als Physiotherapeut*in, in der zusätzliche Kenntnisse und Kompetenzen erworben werden. Ziel ist es, die Anforderungen des gemeinsamen Ausbildungsrahmens zu erfüllen und damit das Kompetenzniveau von EQR 6 zu erreichen. Das würde aber die hohen Standards, die in vielen anderen europäischen Ländern (26 Länder: EQR6) gelten, untergraben. Die Europe Region of World Physiotherapy (ER-WPT) warnt daher vor einer Absenkung des Ausbildungsniveaus und einer Gefährdung der Patient*innensicherheit.

    

Breite internationale Unterstützung für höhere Standards

Physio Deutschland hat gemeinsam mit allen europäischen Physiotherapieverbänden eine Stellungnahme gezeichnet, die sich klar gegen die Einführung der vorgeschlagenen Form von CTF richtet. Die Verbände fordern stattdessen eine Anhebung der Ausbildungsstandards auf EQF-6-Niveau in allen Ländern, bevor über einen gemeinsamen Rahmen gesprochen wird. Zudem soll eine detaillierte Analyse der bestehenden Ausbildungsprogramme und der notwendigen Kompensationsmaßnahmen erfolgen. Mehr als 40 Organisationen aus Europa und angrenzenden Ländern unterstützen diese Position – darunter Verbände aus Irland, Italien, Schweden, Österreich, Schweiz, Griechenland und vielen weiteren Staaten. Die gemeinsame Botschaft: Qualität und Patient*innensicherheit dürfen nicht auf Kosten einer qualitativen Patient*innenversorgung geopfert werden.

   

Engagement in Deutschland

Physio Deutschland hat sich mit offenen Briefen an die Bundesgesundheitsministerin und die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz der Bundesländer gewandt. Der Verband fordert eine vollständige hochschulische Ausbildung, um die Anerkennungsverfahren zu vereinfachen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Damit Deutschland den Anschluss an die europäischen Standards nicht verliert, bietet Physio Deutschland an, gemeinsam mit den zuständigen Behörden an der Umsetzung einer Ausbildung auf EQF-6-Niveau im Rahmen eines zehn- bis 15-jährigen Transformationsprozesses mitzuwirken.

   

Deutschland hat im internationalen Vergleich einiges aufzuholen. Das geht nur, wenn die physiotherapeutische Ausbildung vollständig auf Hochschulniveau erfolgt.
Dr. Minettchen Herchenröder
Generalsekretärin von Physio Deutschland

    

Nächste Schritte auf europäischer Ebene

Die ER-WPT signalisiert Gesprächsbereitschaft gegenüber der EU-Kommission, knüpft diese aber an klare und konkrete Bedingungen: eine vertiefte Analyse der Ausbildungsinhalte und -dauer sowie eine umfassende Untersuchung der Kompensationsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten. Erst wenn diese Grundlagen geschaffen sind, kann über einen gemeinsamen Ausbildungsrahmen gesprochen werden.