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03.08.2020

Bundesweite Vergütungsverhandlungen starten – ein Blick zurück und nach vorne!

Am 05. August 2020 startet PHYSIO-DEUTSCHLAND und die drei weiteren physiotherapeutischen Verbände gemeinsam in die Vergütungsverhandlungen 2020. Es sind historische Verhandlungen - warum das so ist, was wir fordern und auf was wir aufbauen, lesen Sie in dieser Meldung!

Erinnern Sie sich an den Herbst 2014?

Unter dem Motto "Physiotherapie ist mehr wert." hat PHYSIO-DEUTSCHLAND im Herbst 2014 auf eine massive Gerechtigkeitslücke hingewiesen. 38,7 Prozent weniger Gehalt haben Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten in der ambulanten Versorgung damals bereits durchschnittlich weniger verdient als ihre Kolleginnen und Kollegen im Öffentlichen Dienst. Innerhalb von fünf Monaten haben wir knapp 180.000 Unterstützerstimmen für eine bessere Vergütung physiotherapeutischer Leistungen gesammelt und der Politik übergeben. Mit dieser Aktion ist ein Stein ins Rollen gekommen.

Auf konkrete Forderungen, intensive Gespräche mit den Fachpolitikern auf Bundes- und Landesebene sowie großer Aktionsbereitschaft innerhalb unserer Berufsgruppe, haben wir in den zurückliegenden fünf Jahren zahlreiche Etappenziele erreicht – hier ein kurzer Blick zurück:

  • zunächst der zeitlich befristete Wegfall der Bindung an die Grundlohnsumme bei Vergütungsverhandlungen für den Zeitraum 2017 bis 2019 – Grundstein für spürbare Vergütungserhöhungen!

  • Vergütungserhöhungen in drei Schritten mit den Kostenträgern von mehr als 30 Prozent

  • dauerhafter Wegfall der Bindung an die Grundlohnsumme bei Vergütungsverhandlungen

  • Erhöhung der Preise auf den jeweils bundesweit höchsten Preis – damit Umsetzung des längst überfälligen Ost-West-Angleichs!

  • Gesetzgeber regelt, dass die Vergütungen einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen müssen und das im Hinblick auf die realen Personal-, Sach- und Betriebskosten.

  • Bundesweite Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband, mit der Möglichkeit eines Schiedsverfahrens bei Scheitern der Verhandlungen.


Grundlage für die jeweiligen Gespräche und Verhandlungen waren stets harte Fakten. Mit dem Wartezeitenbarometer haben wir gemeinsam mit dem VPT auf den akuten Fachkräftemangel hingewiesen und die konkreten Versorgungsdefizite aufgezeigt. Die Vakanzzeit offener Stellen von der Arbeitsagentur bestätigt den Fachkräftemangel regelmäßig in praktisch allen Bundesländern ebenfalls. Mit Umfragen wie PhysioPraX und auch der großen Angestelltenumfrage im ambulanten Bereich haben wir die unzureichende Vergütung, die hohe Arbeitsbelastung und den akuten Mangel an Fachkräften nochmals untermauert. "Alle, die sich an den Aktionen aktiv beteiligt haben, haben dazu beigetragen, dass unsere Branche wichtige Erfolge verzeichnen kann. Dafür danken wir allen Aktiven und an erster Stelle unseren Mitgliedern, die mit ihrem Beitrag die berufspolitische Arbeit erst ermöglichen", betont Andrea Rädlein, Vorsitzende von PHYSIO-DEUTSCHLAND.

Die erreichten Etappenziele haben die Situation der Praxen und ihrer Mitarbeiter im letzten Jahr zumindest etwas entspannt. In diesem Jahr ist aber alles anders: Corona hat unser aller Alltag komplett auf den Kopf und uns alle vor völlig neue Herausforderungen bei der Berufsausübung und bei der therapeutischen Patientenversorgung gestellt. "Physiotherapie war, ist und bleibt relevant für Menschen, die unsere Hilfe benötigen.  Das muss sich auch in unseren Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten niederschlagen!", erklärt Andrea Rädlein vor dem Start der bundesweiten Vergütungsverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband am Mittwoch in Berlin.

Eindeutige Forderungen für eine zukunftsfähige Physiotherapie

Wirtschaftliche Praxisführung, Bekämpfung des Fachkräftemangels, Abbau von unnötiger Bürokratie und mehr Autonomie für unsere Berufsausübung – das sind zentrale Forderungen von PHYSIO-DEUTSCHLAND. Was sich hier eher allgemein liest, wird schnell konkret, wenn wir einen Blick auf unsere Argumente werfen. Am 30. Juli hat Prof. Dr. Neubauer vom Institut für Gesundheitsökonomik (IfG) die Wirtschaftlichkeitsanalyse ambulanter Therapiepraxen (WAT-Gutachten) in einer Onlinepressekonferenz vorgestellt – hier geht es zur digitalen Pressemappe.

Die Ergebnisse des Gutachtens sprechen eine deutliche Sprache: Die Preise für die physiotherapeutischen Positionen hätten bis heute um 63 Prozent erhöht werden müssen, damit die Praxisinhaber und deren Mitarbeiter so vergütet werden, dass die Ausübung des Berufes wieder attraktiv wird. "Wir sind darauf vorbereitet, dass die Kostenträger viele Aspekte anders bewerten werden, aber an den Fakten des Gutachtens kommen sie nicht vorbei", untermauert Andrea Rädlein den Handlungsdruck auf Seiten der Kassen.

Zeitplan für die Verhandlungen zum neuen Bundesrahmenvertrag

Die Vergütungsverhandlungen sind ein Themenbereich der Verhandlungen zum neuen Bundesrahmenvertrag. Welche weiteren Themengebiete verhandelt werden und wie sich der Zeitplan durch Corona verschoben hat, finden Interessierte hier in diesem kurzen Videobeitrag.

Die gesamten Verhandlungen sollen laut Gesetzgeber bis Ende September 2020 abgeschlossen sein, damit der neue Vertrag am 01. Oktober 2020 in Kraft treten kann. Ob das gelingt oder ob die Verhandlungen zu zentralen Fragen wie der Vergütung scheitern, hängt auch von der Haltung der Kostenträger ab. An dem Auftakttermin für die Vergütungsverhandlungen nehmen für PHYSIO-DEUTSCHLAND unsere Vorsitzende Andrea Rädlein, der Sprecher der Großen Verhandlungskommission, Markus Norys und unser Geschäftsführer Thorsten Vogtländer teil.

Haben Sie Fragen? Dann schreiben Sie gerne eine E-Mail an info(at)physio-deutschland.de.